Preisbindungstreuhänder
Landgericht Düsseldorf: real (Handelskette) darf Preis eines Wein+Buch-Pakets nicht durch Buchpreis subventionieren; ein Preisbindungstreuhänder hat einen vollen Kostenerstattungsanspruch
LG Düsseldorf 37 O 17/23, Urteil vom 07.05.2024
§§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 3 S. 1, 5 Abs. 1, 7 Abs. 4 Nr. 1, 9 Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG
1. Der gemeinsame Verkauf von Wein und Buch in einem Aktionspaket ("Meine Weinkiste") zu einem Gesamtpreis ist kein kombiniertes Objekt i.S.v. § 2 Abs. 1 BuchPrG. Die Vorschrift stellt lediglich klar, in welchem Umfang der Verleger die preisgebundene Ware mit ergänzenden Waren für den soweit einheitlichen Vertrieb zu einem festgelegten Gesamtpreis an Endkunden ausstatten kann, ohne dass die Preisbindung entfällt.
2. Durch den Kombinationsverkauf von Buch und verlagsfremdem Produkt bei wirtschaftlicher Subvention eines niedrigen Paketpreises durch den Buchpreis wird die Preisbindung verletzt.
3. Ein Preisbindungstreuhänder hat einen Anspruch auf Erstattung von gesetzlichen Rechtsanwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). § 9 Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG ersetzt lediglich die Einzelbeauftragung durch Buchhändler.
In diesem bereits seit 2019 zunächst in Berlin und anschließend in Düsseldorf geführten Rechtsstreit gegen die Einzelhandelskette real hatte das Landgericht Düsseldorf über die Frage zu entscheiden, ob real ein kombiniertes Wein+Buch-Paket zu einem Gesamtpreis, der nur geringfügig über dem gebundenen Preis des Buches lag, verkaufen durfte. Dabei war die Vorfrage zu entscheiden, ob es sich bei dem Wein+Buch-Paket überhaupt um ein – wie die Beklagte behauptet hatte – „kombiniertes Objekt“ im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 BuchPrG handelte oder ob die Vorschrift vorliegend gar nicht zum Tragen kam, weil der Verlag gar kein kombiniertes Objekt, sondern lediglich ein Buch preislich gebunden hatte.
Das Gericht folgte in allen Punkten der Rechtsauffassung des Preisbindungstreuhänders. Bereits am 06.03.2024 hatte das Landgericht Berlin in einem parellel geführten Rechtstreit, in dem die vorgenannten Rechtsfragen als Vorfragen zu entscheiden waren, die Rechtsauffassung des Preisbindungstreuhänders bestätigt.
In preisbindungsrechtlicher Hinsicht ist das Urteil grundlegend und wegweisend, und zwar aus folgenden Gründen:
Das LG Düsseldorf entschied, dass die Beklagte mit dem Wein- und Buchpaket „Meine Weinkiste“ kein kombiniertes Objekt i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 4 BuchPrG verkauft hat, sondern ein gewöhnliches preisgebundenes Buch. Denn § 2 BuchPrG – so das Gericht – erweitere den Anwendungsbereich des BuchPrG lediglich, indem die Vorschrift bestimme, dass Bücher im Sinne dieses Gesetzes auch Musiknoten (1.), kartografische Produkte (2.), Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartografische Produkte reproduzieren oder substituieren (3.) sowie kombinierte Objekte, bei denen eines der genannten Erzeugnisse die Hauptsache bildet (4.), seien.
§ 2 Abs. 1 Nr. 4 BuchPrG stelle vielmehr klar, in welchem Umfang der Verleger die preisgebundene Ware mit ergänzenden Waren für den soweit einheitlichen Vertrieb zu einem festgelegten Gesamtpreis an Endkunden ausstatten kann, ohne dass die Preisbindung entfällt.
Im vorliegenden Fall stamme das Kombinationsangebot aber nicht vom Verleger, sondern von real als Händlerin. Für die Händlerin sei indes allein § 7 Abs. 4 Nr. 1 BuchPrG (Zugaben) maßgeblich, wonach der Letztverkäufer seine Pflicht nach § 3 BuchPrG dann nicht verletze, wenn er beim Verkauf eines Buches Waren von geringem Wert oder Waren, die im Hinblick auf den Wert des gekauften Buches wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen, abgebe.
Das Gericht bestätigte damit, dass es allein Sache des Verlegers sei, Buchpreise zu binden, das heißt Preise festzusetzen und zu veröffentlichen und damit für den Buchhandel verbindlich zu machen (Buchpreisbindung). Kombiniert der Verlag ein Buch mit einem verlagsfremden Produkt (z.B. mit einer CD), so ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 4 BuchPrG, ob es sich bei dem kombinierten Objekt dann (noch) um ein Buch handelt (sofern das Buch die Hauptsache bildet) oder ob ein verlagsfremdes Produkt, das nicht unter das BuchPrG fällt (wenn das Buch die Nebensache bildet, z.B. bei der Kombination PC und Handbuch). Es sei aber nicht Sache des Händlers, die verlagsseitige Preisbindung eines Buches durch den gemeinsamen Verkauf mit einem verlagsuntypischen Produkt (hier: Weinkiste) aufzuheben.
Das Gericht führte weiter aus, dass eine Pflichtverletzung vorliege, wenn die vom Händler hinzugegebenen Waren von höherem Wert seien bzw. hinsichtlich des Wertes des Buches wirtschaftlich ins Gewicht fielen. Dies sei bei einer Zugabe von fast gleich teurem Weinen zum Buch der Fall. Denn in einem solchen Fall fließe dem Buchhändler beim Verkauf des preisgebundenen Buches nicht der volle gebundene
Buchpreis zu; vielmehr liegt ein Buchpreisbindungsverstoß vor (vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2015, I ZR 83/14, Rn. 16 ff. - Gutscheinaktion beim Buchankauf).
Die Preisbindung werde verletzt, indem ein derart ungewöhnlicher Preisvorteil gewährt werde, dass der Gesamtpreis nur so knapp über dem gebundenen Buchpreis liegt, dass eine Kalkulation für die nicht preisgebundene Ware im Koppelungsangebot unter Einstandskosten deutlich wird (vgl. BGH, Urteil vom 21.07.2016, I ZR 127/15, Rn. 21 - Schulbuch-Koppelungsgeschäft). Die Beklagte könne nach allgemeiner wirtschaftlicher Erfahrung den Verlust beim Verkauf des in der „Meine Weinkiste“ enthaltenen Weins nur dadurch ausgleichen, dass sie hierzu die Gewinne aus dem Verkauf des preisgebundenen Buchs „Frenzels Weinschule“ verwende. Damit habe sie die preisgebundenen Bücher im wirtschaftlichen Ergebnis zu einem geringeren als dem nach § 5 Abs. 1 BuchPrG gebundenen Preis angeboten und verkauft.
Schließlich folgt das Gericht konsequent dem OLG Naumburg (Urteil vom 12.07.2012 - 9 U 51/12 (Hs), 9 U 51/12 ) in Bezug auf den Kostenerstattungsanspruchs des Preisbindungstreuhänders: Soweit teilweise vertreten werde, dass der Preisbindungstreuhänder wie ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen tätig sei und nur eine Aufwandspauschale erhalten solle, könne dem nicht gefolgt werden. Denn wenn ein Rechtsanwalt, der von Gewerbetreibenden, die Bücher vertreiben (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 BuchPrG), mit der Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs beauftragt werde, seien dessen Gebühren nach dem RVG zu erstatten. § 9 Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG sehe lediglich vor, dass als Preisbindungstreuhänder ein Rechtsanwalt beauftragt werden könne, der dann im Verletzungsfall im eigenen Namen tätig werde. Allerdings bleibe es dabei, dass auch er im Auftrag der Gewerbetreibenden tätig werde und das Gesetz gerade die Beauftragung eines Rechtsanwalts vorsehe. Er sei daher nach dem RVG zu vergüten.
Insgesamt ist das Urteil
grundlegend.