Preisbindungstreuhänder
Die Buchpreisbindung sorgt dafür, dass alle Bücher und sonstigen verlagstypischen Produkte wie eBooks, Musiknoten, kartografische Produkte, buchähnlichen Kombinationsprodukte (z.B. Tiptoi) in Deutschland ein und denselben eindeutigen Verkaufspreis haben müssen (§§ 2 und 5 BuchPrG). Ein Preiswettbewerb ist also bei Büchern grundsätzlich ausgeschlossen.
Das Preisbindungsgesetz (BuchPrG) verpflichtet die Verlage (und Buchimporteure), für jedes neue Buch einen vom Buchhändler nicht veränderbaren Preis festzusetzen und bekannt zu machen, der dann für alle Letztverkäufer (vor allem Buchhandlungen) verbindlich ist, der also weder unter- noch überschritten werden darf. Preisgebunden ist ein Buch also nicht bereits, weil es das Gesetz vorschreibt oder weil es sich um ein Buch handelt, sondern immer erst dann, wenn der Verlag einen Preis festgesetzt hat. Die Verlage sind quais die "Herren der Preisbindung". Entsprechendes gilt vice versa für die Aufhebung der Preisbindung: Nur der festsetzende Verlag kann, sobald es das Gesetz erlaubt, einen einmal festgesetzten Preis wieder ändern oder aufheben.
Auch Zeitungs- und Zeitschriftenverlage können die Preise für Zeitungen und Zeitschriften festsetzen, sind dazu aber nicht gesetzlich verpflichtet.
Ein Buch ist dann preisgebunden, wenn der Verlag den Preis durch Bekanntmachung festgesetzt hat (§ 5 BuchPrG).
Die Verlage dürften und müssen (!) alle verlags- und buchhandelstypischen Produkte preislich festsetzen. Dazu gehören Musiknoten, kartographische Produkte, solche Produkte, die Bücher, Musiknoten oder kartographische Produkte reproduzieren oder substituieren (zum Beispiel zum dauerhaften Zugriff angebotene elektronische Bücher), und kombinierte Objekte, bei denen eines der vorgenannten Erzeugnisse die Hauptsache bildet (§ 2 BuchPrG).
Dem Buch kommt als Kulturgut eine Sonderstellung zu. Zweck der Preisbindung ist insoweit die Sicherung eines leistungsfähigen Marktes für Verlagserzeugnisse und die Förderung des Buchs als Kulturgut; die vielfältige, gleichmäßige und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit dem Kulturgut Buch soll gewährleistet werden (vgl. BGH GRUR 2004, 885, 886 – Startgutscheine für Bücher; BGH MMR 2004, 679, 680).
Dies soll mit dem Buchpreisbindungsgesetz erreicht werden, und zwar durch die Vermeidung eines Preiswettbewerbs. Daher darf es ein Buch weder im Supermarkt noch bei einem Buchhändler - online oder stationär - nicht billiger geben als anderswo.
Für die Buchpreisbindung wurde im Jahr 2002 eigens ein Bundesgesetz erlassen: das Buchpreisbindungsgesetz (kurz: BuchPrG). Die zentrale Vorschrift ist § 3 BuchPrG. Danach muss derjenige, der gewerbs- oder geschäftsmäßig neue Bücher an Letztabnehmer verkauft, den von den Verlagen und Importeuren festgesetzten Preis einhalten. Das Buchpreisbindungsgesetz sieht aber auch bestimmte Ausnahmefälle vor, in denen vom eigentlich gebundenen Preis abgewichen werden darf (so in § 7 BuchPrG).
Jeder, der gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer (Verbraucher) verkauft, muss die Buchpreisbindung beachten und einhalten. Das sind neben den klassischen Buchhandlungen auch alle anderen Unternehmer, die Bücher an Verbraucher verkaufen. So haben zum Beispiel auch Supermärkte, die aktionsweise Bücher anbieten, genauso die Buchpreisbindung einzuhalten wie der Buchhändler um die Ecke. Denn sie alle verkaufen Bücher gewerbsmäßig, also berufsmäßig mit Gewinnerzielungsabsicht.
Aber selbst wenn eine Privatperson – ohne Gewinnerzielungsabsicht – neue Bücher in einem Umfang verkauft, wie dies im privaten Verkehr unüblich ist, muss die Privatperson die Buchpreisbindung einhalten, selbst wenn der Verkauf nur nebenbei erfolgt. Denn das Buchpreisbindungsgesetz erfasst auch schon „geschäftsmäßiges Handeln“. Wann ein geschäftsmäßiges Handeln vorliegt, lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist stets eine Frage des Einzelfalls. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main beispielsweise hat ein geschäftsmäßiges Handeln angenommen bei einem Verkauf von mehr als 40 Büchern im Internet in einem Zeitraum von sechs Wochen (OLG Frankfurt, Urteil vom 15.06.2004, Az. 11 U 18/2004). Letztlich können andere Gerichte aber auch einen Verkauf von deutlich weniger Bücher über einen längeren Zeitraum als geschäftsmäßiges Handeln werten. Beim Weiterverkauf mehrerer neuer Bücher ist also stets Vorsicht geboten.
Die Preisbindung ist nur im Verhältnis zum Letztabnehmer (Verbraucher) zu beachten. Das ist derjenige, der das Buch zu eigenen Gebrauchszwecken oder zur unentgeltlichen Weitergabe (Verschenken) erwirbt. Im Verhältnis zum Händler, der das Buch zu Zwecken des Weiterverkaufs erwirbt, gilt die Preisbindung dagegen nicht.
Die Verlage und Importeure müssen die von ihnen festgesetzten Preise sowie Änderungen oder Aufhebungen der festgesetzten Preise „in geeigneter Weise“ veröffentlichen (so in § 5 Abs. 1 BuchPrG). Das kann beispielsweise über ihre Webseiten, Kataloge etc. geschehen. In den überwiegenden Fällen geschieht die Veröffentlichung jedoch durch Übermittlung der Ladenpreise an das „Verzeichnis lieferbarer Bücher“ (VLB), die seit dem Jahr 2011 gemäß der Verkehrsordnung des Buchhandels die Preisreferenzdatenbank für den deutschen Buchhandel sein soll. Aufgrund eines entsprechenden Handelsbrauchs kann man mittlerweile davon ausgehen, dass tatsächlich alle gebundenen Ladenpreise und Ladenpreisänderungen sowie -aufhebungen dem VLB gemeldet werden und die VLB-Datenbank somit die Referenzdatenbank für festgesetzte Preise ist.
Das Landgericht Dortmund hat in einem vom Preisbindungstreuhänder Peter B. Ehrlinger für die eBuch eG erstrittenen Urteil darüber hinaus festgestellt, dass die in der VLB-Datenbank genannten Preise sogar dann als „richtige“ Preise gelten, wenn der Verlag dem VLB irrtümlich einen falschen Preis übermittelt hat und selbst einen anderen Preis angibt (LG Dortmund, Urteil vom 25.03.2014, Az. 19 O 12/14). Diese Rechtsauffassung wurde vom Oberlandesgericht Hamm im Rahmen des Berufungsverfahrens mündlich bestätigt, woraufhin die unterlegene KIK Textilien und Non-Food GmbH die Berufung zurücknahm. Durch dieses wichtige Urteil wurde Rechtssicherheit für die Buchverkäufer geschaffen.
Denn der Buchverkäufer darf jetzt im Zweifel davon ausgehen, dass die in der VLB-Datenbank genannten Preise die richtigen Preise sind und Vorrang vor allen anderen (in anderen Datenbanken oder vom Verlag selbst) veröffentlichten Preisen haben.
Gebrauchte Bücher sind von der Preisbindung ausgenommen, also Bücher, die zu anderen Zwecken als dem Weiterverkauf erworben worden sind und für die der gebundene Ladenpreis bereits gezahlt worden ist. Auf den Zustand der Bücher kommt es dabei nicht an. Auch ein original verpacktes Buch kann daher ein gebrauchtes Buch sein. Beispiel: ein Buch wird gekauft, um verschenkt zu werden, und die beschenkte Person verkauft das Buch ihrerseits in der Originalverpackung weiter. Beim Weiterverkauf muss der gebundene Ladenpreis dann nicht mehr eingehalten werden.
Fremdsprachige Bücher sind ebenfalls von der Preisbindung ausgenommen. Das ist nur anders, wenn das Buch überwiegend für den Absatz in Deutschland hergestellt wird (fast ausschließlich: Fremdwörterbücher).
Eine Preisbindung gilt außerdem nicht für grenzüberschreitende Buchverkäufe innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Die Buchpreisbindung darf jedoch ausdrücklich nicht durch den Reimport von Büchern umgangen werden.
Buchhändler sind ebenfalls nicht an die festgesetzten Preise gebunden, wenn es sich bei den Büchern um Mängelexemplare handelt, die als solche gekennzeichnet sind (so in § 7 Abs. 1 Nr. 4 BuchPrG).
Weitere Ausnahmen von der Preisbindung sind in § 7 BuchPrG geregelt, so unter anderen die Lieferung an Buchhändler für ihren Eigenbedarf (Kollegenrabatt), die Lieferung an Autoren für den Eigenbedarf sowie die Lieferung von Einzelexemplaren an Lehrer zum Zwecke der Prüfung für eine Verwendung im Unterricht. Unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Räumungsverkäufe zulässig.
Die Gültigkeit eines einmal festgesetzten Ladenpreises ist im Prinzip zeitlich unbegrenzt. Verleger und Importeure haben jedoch die Möglichkeit, die Preisbindung für Bücher aufzuheben, deren erstes Erscheinen länger als 18 Monate zurückliegt (so in § 8 Abs. 1 BuchPrG). So können Bücher doch noch wegen des geringeren Preises abverkauft werden, die ansonsten nicht mehr gekauft wurden. Erfolgt eine Aufhebung des Ladenpreises, ist diese nicht revisibel und ist – ebenso wie die ursprüngliche Festsetzung – in geeigneter Weise zu veröffentlichen.
Von der Buchpreisbindung ausgenommen sind zwar Schulbuchbestellungen/ Sammelbestellungen von Schulbüchern. Der Buchhändler ist sogar verpflichtet, Nachlässe in bestimmten Prozenten zu gewähren, die sich nach dem Gesamtwert der Bestellung bzw. nach der Stückzahl richten (so in § 7 Abs. 3 BuchPrG). Voraussetzung ist aber, dass die Schulbücher von der öffentlichen Hand (Schulministerium etc.) oder von einer Schule im Rahmen eigener Budgets angeschafft werden und die Bücher im Eigentum der öffentlichen Hand/Schule bleiben und nur an die Schüler verliehen werden.
Nach der Gesetzesbegründung werden Sammelbestellungen von Schülern oder Eltern ausdrücklich nicht von der vorgenannten Ausnahmeregelung erfasst. Buchhändler dürfen weder Eltern, Schülern oder deren Lehrern gegenüber Rabatte einräumen, auch nicht im Rahmen von Sammelbestellungen.
Wichtig ist, dass Mängelexemplare nicht allein durch die Kennzeichnung als „Mängelexemplar“ zum Mängelexemplar werden. Ein Buch muss tatsächlich Mängel aufweisen, um im rechtlichen Sinn als Mängelexemplar zu gelten. Bei Mängelexemplaren handelt es sich um Bücher, die äußerlich erkennbar beschädigt oder verschmutzt sind. Maßgeblich ist, dass das Buch zum gebundenen Ladenpreis nicht mehr verkäuflich ist.
Wurde ein Buch bereits als Mängelexemplar vom Verlag oder Zwischenhändler erworben, muss trotzdem der Buchhändler selbst noch einmal überprüfen, ob das betreffende Buch tatsächlich die Voraussetzungen eines Mängelexemplars erfüllt. Auf die Angaben des Verlages oder Zwischenhändlers kann sich der Letztverkäufer nicht verlassen, denn letztlich ist allein er für die Einhaltung der Preisbindung verantwortlich.
Erfüllt ein Buch nicht die Voraussetzungen eines Mängelexemplars, unterliegt das Buch trotz etwaiger entgegenstehender Kennzeichnung als „Mängelexemplar“ weiterhin der Preisbindung (OLG Frankfurt, Urteil vom 26.07.2005, Az.: 11 U 8/2005 (Kart)). Wird ein solches Exemplar in Abweichung vom gebundenen Preis verkauft, liegt ein Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz vor.
Übrigens: Remittenden sind nicht von sich aus Mängelexemplare, wenn keine eindeutig feststellbaren Mängel vorliegen. Remittenden unterliegen daher ebenfalls der Buchpreisbindung.
Typische kombinierte Objekte sind beispielsweise Computerbücher mit Demo-CD oder Sprachlernbücher mit Übungs-CD. Solche Produkte sind preisgebunden, wenn es sich in der Hauptsache um ein der Buchpreisbindung unterliegendes Produkt handelt (Buch, Musiknoten, kartographisches Produkt). Als Hauptprodukt kann aber auch ein textorientierter Datenträger in Betracht kommen (sogenanntes „Substitutionsprodukt“). Wann das Buch, die Musiknoten etc. die Hauptsache darstellen, ist stets im Einzelfall zu prüfen.
Ob vom Buchhändler beabsichtigt oder nicht: hält der Buchhändler die vorgenannten gesetzlichen Verpflichtungen nicht ein, liegt ein Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz vor.
In der Regel wird derjenige, der gegen das Buchpreisbindungsgesetz verstößt, zunächst mit anwaltlichem Schreiben abgemahnt, das heißt aufgefordert, solche und im Kern gleiche Verstöße zukünftig zu unterlassen. Da für die gerichtliche Geltendmachung bestimmte Dringlichkeitsfristen laufen, ist die Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung oft nur kurz, meistens jedoch mindestens eine Woche. Liegt ein eindeutiger Verstoß vor und ist der Abgemahnte einsichtig, wird meistens eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und die Sache ist inhaltlich erledigt.
Gibt der Abgemahnte keine Unterlassungserklärung ab, wird der Unterlassungsanspruch gerichtlich durchgesetzt. Die häufigste gerichtliche Maßnahme bei Wettbewerbsverstößen, zu dem im weiteren Sinne auch das Buchpreisbindungsrecht gehört, ist die einstweilige Verfügung. Durch einen Antrag bei Gericht kann sie innerhalb weniger Tage erwirkt werden. Zwar stellt sie nur eine vorläufige Regelung dar, dennoch ist es dem Buchhändler, der gegen das Buchpreisbindungsgesetz verstoßen hat, ab Zustellung der einstweiligen Verfügung verboten, weitere gleichartige Verstöße zu wiederholen. Tut er es dennoch, drohen empfindliche Ordnungsgelder.
Weil die einstweilige Verfügung nur eine vorläufige Regelung darstellt, wird der Buchhändler, gegen den die einstweilige Verfügung erlassen wurde, anschließend in der Regel von dem Antragsteller der einstweiligen Verfügung aufgefordert, eine sogenannte Abschlusserklärung abzugeben. Durch diese Abschlusserklärung wird der Rechtsstreit endgültig beendet. Mit der Abschlusserklärung erkennt nämlich der Buchhändler, gegen den sich die einstweilige Verfügung richtet, die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung an. Er verzichtet damit auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens, das aufgrund des vorläufigen Charakters der einstweiligen Verfügung ansonsten noch folgen würde. Ein Hauptsacheverfahren zieht sich regelmäßig über ein bis zwei Jahre hin.